Donnerstag, Mai 24, 2007

Unter dem Zauber des Dionysischen schliesst sich nicht nur
der Bund zwischen Mensch und Mensch wieder zusammen:
auch die entfremdete, feindliche oder unterjochte Natur
feiert wieder ihr Versoehnungsfest mit ihrem verlorenen
Sohne, dem Menschen . Freiwillig beut die Erde ihre Gaben,
und friedfertig nahen die Raubtiere der Felsen und der Wueste .
Mit Blumen und Kraenzen ist der Wagen des Dionysus
ueberschuettet: unter seinem Joche schreiten Panther und
Tiger . (...) Wie jetzt die Tiere reden, und die Erde Milch und
Honig gibt, so toent auch aus ihm etwas Uebernatuerliches:
als Gott fuehlt er sich, er selbst wandelt jetzt so verzueckt
und erhoben, wie er die Goetter im Traume wandeln sah .
Der Mensch ist nicht mehr Kuenstler, er ist Kunstwerk
geworden, die Kunstgewalt der ganzen Natur, zur hoechsten
Wonnebefriedigung der Ur-Einen, offenbart sich hier unter
den Schauern des Rausches .
aus: die Geburt der Tragoedie . F. Nietzsche